SCHACHJUGEND SV 1921 , 1971-1976

Im April 1971 betrat ich zum erstenmal den Westfälischen Hof , ich hatte mich für die Schülerstadtmeisterschaft angemeldet . Turnierleiter war Peter Canibol . Manni Droste , Jens Stadtmann , Dieter Kulpa und Rainer Schefczik waren neu dabei , sie bildeten den Kern der später so erfolgreichen Jugendmannschaft . Schnell kristallisierte sich heraus , daß Manni unser Überflieger war , während ich mir alles hart "erarbeiten" musste. Zahlreiche Bücher wurden gewälzt , unvergessen bleibt , daß ich alle 4 Bände der Cheron´schen Enspielbücher durchackerte , mehr als 1500 Seiten !! Wenn da nicht dauernd die lästigen Schularbeiten gewesen wären ......

Jahr für Jahr wurde die Mannschaft stärker , 1972 kamen H.G.Skolarski und Georg Wetterau dazu und die ersten Erfolge auf Bezirksebene und Verbandsebene stellten sich ein ; allerdings gab es im Bezirk die zunächst noch etwas stärkere Jugendmannschaft von Buer 1921 ,damals auch bei den Senioren der ewige Rivale. Betreut wurden wir vom Jugendwart Heinz Busche , später schon vom vorgenannten Gerhard Borowski !

Manni Droste startete durch und schlug auch mal den legendären Karl-Heinz Podzielny. 1975 wurde Manni Blitz-NRW-Meister der Jugend. Ein großen Schub gab es bei der NRW-Meisterschaft 1974 in Menden. Am Ende des Turnier hatten wir die meisten Brettpunkte , aber leider zwei Kämpfe 2,5:3,5 verloren und wurden nur Vierter . Immerhin gewannen wir gegen den Dritten Paderborn 6:0 !! Wir hatten das Glück , daß 1974 in Menden gleichzeitig die Deutsche Seniorenmeisterschaft lief und wir kostenfrei und unbegrenzt zuschauen konnten. Die tolle Atmosphäre werde ich nicht vergessen.

Auch die Geselligkeit kam nicht zu kurz : Hatten wir mal keine Lust auf Schach , trafen wir uns bei Manni oder Hans-Georg zum Malefiz oder Risiko-Brettspiel. Die Runde wurde meistens ergänzt durch Karl-Georg Pielorz , dem Erfinder des Pielorz-Gambit ( 1.e4 b5 !) und Andreas Urh. Es war immer sehr lustig , auch wenn Hans-Georg auf dem Parkfriedhof wohnte , denn sein Vater war Friedhofsgärtner !

Dann 1975 der große Durchbruch , erst wurden wir NRW-Blitzmannschaftsmeister ,dann kam die NRW-Meisterschaft im klassischen Schach. Es ging gleich mit einem 6:0-Sieg gegen Hüingsen (Sauerland) los , dann fieberten wir dem Kampf gegen den Erzrivalen und Titelverteidiger Buer entgegen . Wir brachten ihnen eine krachende 5:1-Niederlage bei , danachgab es kein Halten mehr . Mit 5:0 Siegen und 25:5 Brettpunkten konnten wir uns für die Deutsche Jugendmeisterschaft qualifizieren .

Diese war 1976 in Frankfurt , ich bekam sogar Sonderurlaub vom Barras. Leider gab es bei diesem Turnier keine Vereinsmannschaften , sondern nur Landesmannschaften. Wir starteten als NRW 2 ,und mussten an NRW 1 unser Zugpferd Manni Droste abgeben . So landeten wir leider nur im Mittelfeld , ich war immerhin stolz auf meine 4:3-Brettpunkte an Brett 1.... Da konnten wir leider nicht beweisen , daß wir 1976 vielleicht die beste Jugendmannschaft Deutschlands waren !?!?

Jens Stadtmann

Die Vorbeter

Schnellschachturniere unter Nutzung einer Schachuhr, die sogenannten „Handicap-Turniere“, waren auch in der Frühzeit meines Schachspielerlebens bekannt, aber unbeliebt, weil die Uhren zu sehr beansprucht wurden. In der Regel verfügte ein Verein für die Mannschaftskämpfe über 8 Uhren und zusätzlich als Reserve über weitere 2 Uhren.

Bei Veranstaltungen, bei denen mehr Uhren benötigt wurden, halfen andere Vereine mit Leihgaben aus.

Gebräuchlich waren dagegen Blitzturniere, für die keine Uhren gebraucht wurden, weil es keine Begrenzung der Zeit pro Partie gab. Gespielt wurde vielmehr im 5-Sekunden-Rhythmus. Jeder Spieler hatte also pro Zug eine Bedenkzeit von 5 Sekunden. Das notwendige Kommando gab ein Freiwilliger, meist also der Turnierleiter. Glücklich derjenige, bei dessen Turnier ein Klavier im Saal stand. Alle fünf Sekunden wurde eine Taste angeschlagen, das war unüberhörbar. Wenn diese Möglichkeit nicht bestand, das war meistens der Fall, stellte sich der Freiwillige also wie ein Vorbeter vor den Turnierteilnehmern auf und kommandierte wechselweise „weiß“ und dann „schwarz“. Das war natürlich für die Spieler eine Hilfe bei der Kontrolle, wer zu ziehen hatte. Nicht jeder Ansager hatte eine Uhr mit Sekundenzeiger. Also wurde in Gedanken gezählt: eins, zwei, drei, vier“ und dann laut „weiß“ oder „schwarz. Die technisch Fortschrittlichen hatten ein Tonbandgerät mit einer Endlosschleife. Die Rufe erinnerten an die Schreie des Steuermanns bei Drachenbootrennen.

Diese Form der Schnellschachturniere verlangte den Teilnehmern ein hohes Maß an Disziplin und Fairness ab. Gezogen werden musste unmittelbar nach Kommando. Wer bei „weiß“ ziehen musste und das Kommando „schwarz“ hörte, sah wie sein Gegner den König kassierte und für sich den Gewinn reklamierte. Nun nutzten viele die 4 Sekunden nach Kommando als zusätzliche Bedenkzeit, das war legal. Einer meiner Schachfreunde zog fast regelmäßig beim nächsten Kommando. Ich kannte aber sein Phlegma und brachte es nicht übers Herz, das zu beanstanden. So kam ich in die kuriose Situation, als Weißer beim Kommando „schwarz“ ziehen zu müssen. Eine neue Herausforderung für die kleinen grauen Zellen!

Das einzige Mal, bei dem es ernsthaften Streit gab, ereignete sich bei einem Mannschafts-Blitzturnier. Ein Spieler reklamierte, sein Gegner habe zwei Züge nacheinander gemacht.

Dieser bestätigte das mit dem Hinweis, er sei mit seiner Farbe zum Ziehen aufgefordert worden. Da sein Gegner in der vorgeschriebenen Zeit nicht gezogen hatte, hätte er dessen König kassieren können. Allerdings machte ihm die Partie wohl so viel Spaß, dass er weiterspielen wollte. Was sollte nun mit der Reklamation geschehen? Aus Zeitgründen wurde eine Neuansetzung der Partie ausgeschlossen. Eilig wurde ein Schiedsgericht einberufen, dem ich angehörte, außerdem Walter Wallbaum vom Schachklub Bottrop 1950 und ein weiter Unparteiischer, dessen Namen ich vergessen habe. Wir steckten die Köpfe zusammen und suchten eine Lösung. Einen allein Schuldigen konnten wir nicht finden. Einer hatte die Zeit überschritten, der andere zwei Züge nacheinander gemacht. Also wurde bekanntgegeben, das Schiedsgericht habe ohne Kenntnis des Urteils auf das Ergebnis der Mannschaften entschieden, beide Spieler seien mit dem Verlust ihrer Partie zu sanktionieren. Ein kleiner Aufruhr war die Folge, niemand war zufrieden. Das nennt man einen gelungenen Kompromiss! (Ehrlich gesagt wüsste ich auch heute noch keinen fundierten Rechtsspruch.)

Eugen Schulz

Jeden Sonntag läuft momentan im Sender WDR2 das "schwerste Radio-Quiz
der Welt", bei dem vier Begriffe genannt werden und die Hörer die von
der Redaktion vorgegebene Gemeinsamkeit herausfinden sollen. Ich mache
es noch ein Bisschen schwerer und nenne gleich sechs Begriffe. Was haben
RWE, Gerichtstermin, Schwimmbad, McDonalds, LAN-Party und Rockpalast
gemeinsam? Bei der Jugendabteilung des SV21 aus den 1970ern klingelt es
da sofort, für die anderen hier die Auflösung:

So wie man sich im Leben zwischen den Rolling Stones und den Beatles
oder TKKG und den drei ??? entscheiden muss, stand man im Ruhrpott vor
der Frage "RWE oder Meineid 04?" (was eigentlich keine ernst gemeinte
Frage sein sollte). Regelmäßige Besuche an der Hafenstraße gehörten zum
Freizeitprogramm; in Erinnerung ist mir da besonders ein Angebot an
Detlef Siepmann geblieben, für 100 D-Mark ein Heimspiel gegen S04 in
rot-weißem Outfit zu besuchen. Er lehnte aus gesundheitlichen Gründen ab.

Nicht ablehnen konnte er jedoch später eine Einladung des Bottroper
Amtsgerichts, weil er zuvor ein anderes Angebot angenommen hatte. Rainer
Demond hatte ihn abends auf einem Parkplatz mit seinem Auto (genauer
gesagt war es aber nur ein VW Käfer) fahren lassen. Wäre nicht so
schlimm gewesen, aber Detlef hatte noch keinen Führerschein und die
kurze Rochade von Fahrer- zu Beifahrersitz war für die ankommende
Polizei nicht schnell genug vollzogen worden - eine folgenreiche
Ungenauigkeit in der Eröffnung. Wochen später saß dann ein halbes
Dutzend junger Schachspieler auf den Zuschauerplätzen, um das fällige
Endspiel der beiden live mitzuerleben. Man einigte sich auf ein "Remis
mit Sozialstunden".

Polizei, Parkplatz bzw. Schwimmbad Revierpark - da war doch noch etwas?
Richtig, die regelmäßigen Besuche derselben Personengruppe. Auch hier
wurden wir beim Verlassen von einem ankommenden Polizeiwagen angehalten
- schließlich war ja in Zeiten der RAF alles irgendwie verdächtig, was
nachts aus einem Gebüsch kam. Geistesgegenwärtig bekam ich alle fünf
Handtücher unter meine Jeansjacke gesteckt, als Frau wäre das mindestens
der neunte Monat gewesen. Bei der anschließenden Befragung vor Ort ("wir
sind spazieren") fiel das genausowenig auf wie unsere nassen Haare, im
Nachhinein waren die Beamten aber wohl einfach nur nett.

Pommesbuden gab es damals in Bottrop reichlich, etwas Besonderes war
aber die Eröffnung des ersten McDonalds am Hauptbahnhof Oberhausen. Da
mussten wir einfach hin, wieder im "Auto" von Rainer Demond. Dieses Mal
verkehrspolitisch völlig korrekt mit einem Fahrer, der auch über die
notwendige Lizenz verfügte - fünf Mann in einem Käfer, aber wir waren
wieder dabei und auf der Höhe der Zeit!

Unserer Zeit weit voraus waren wir dagegen bei unseren regelmäßigen
Spielabenden. Nicht, dass Risiko oder Malefiz (mit der selbsterfundenen
Team-Variante "Zerstörer") oder Monopoly etwas Besonderes waren. Aber
die Jugend des SV Bottrop 1921 hielt weltweit die ersten LAN-Partys ab!
Wir brauchten dazu sechs Taschenrechner, zwei Dreifachsteckdosen und
natürlich Chips und Cola - das ließ sich alles im Hause Droste locker
hinbekommen. "Opernplatz, ich kriege 400 Mark" - "alles klar, ich mache
die Überweisung fertig" - beide tippten 400 mit unterschiedlichen
Rechenzeichen in ihre Taschenrechner ein, das bargeldlose Monopoly war
erfunden. Zum Glück gab es auf den Geräten noch keine Quadrat-Taste, auf
die man irrtümlich tippen konnte.

Ebenfalls eine Weltpremiere war 1977 der erste Rockpalast in der Essener
Grugahalle mit Little Feat, Roger McGuinn´s Thunderbyrds und dem leider
viel zu früh verstorbenen Rory Gallagher als Opener. Karten nur an der Abendkasse, das einzige Problem war unser Mädchenbrett. Gudrun wollte auch unbedingt dabei sein, ihre Mutter hatte aber Bedenken. Trotz der oben erwähnten Vorkommnisse gab es aber einen hinreichend großen Vertrauensvorschuss für die netten Jungs vom Schachverein; Karl-Georg Pielorz sicherte zu, sie sogar bis zur Tür des Mädchenklos zu begleiten - und so wir waren alle wieder dabei. Dieser Deal hat mich fast 30 Jahre später eingeholt, als meine Tochter im selben Alter mit ihrem Freund auf das Silvester-Konzert "Ärzte statt Böller" ins Müngersdorfer Stadion wollte. Manche Sachen ändern sich offenbar nie - weder in den letzten 100 Jahren noch in den nächsten!

Und dann war noch das Oldie-Konzert mit T. Rex, The Sweet und Slade Ende
der 1990er in Iserlohn, als ich in einer Umbaupause mit Dirk Küsgen ein
weiteres Mitglied der Jugendabteilung traf - auf der Herrentoilette!
SV21er sind eben immer und überall...

Andreas Urh

Saure-Gurken-Zeit

Für das Schachleben war es immer wichtig, einen Terminkalender mit Turnieren zu füllen.

Das Rundenturnier wurde zu Recht dem Turnier nach Schweizer System vorgezogen.

Generell wurde mit 10 Teilnehmern gerechnet. Bei größerer Bewerberzahl wurden Klassen eingerichtet mit Auf- und Abstieg. Aus sportlicher Sicht ist das eine spannende Sache. Um zu vermeiden, dass Spieler während des Turniers zurücktraten, wurde beim Start ein „Reuegeld“ erhoben und bei geregeltem Turnierende zurückgezahlt.

Der Zeitrahmen pro Turnier betrug im Allgemeinen neun Wochen. Meist wurde für den Beginn der Saison die Vereinsmeisterschaft geplant, worauf mit Abstand die Stadtmeister-schaft folgte. Da aus allen vier Bottroper Vereinen spielstarke Teilnehmer vertreten waren gab es spannende Auseinandersetzungen. Die Meisterschaft des Bezirks Unter-Emscher bot auch zehn Teilnehmern mit einem Schlüssel für die Städte Gelegenheit zum Kräftevergleich. Gespielt wurde samstags nachmittags. Der Bezirk vergrößere sich zunächst durch Oberhausen, später kam Gelsenkirchen hinzu und bekam den Namen „Emscher-Lippe“.

Nachdem im Verein noch Pokalturnier und Blitzmeisterschaft erledigt waren endete die Saison meist zeitgleich mit dem letzten Mannschaftskampf.

Nun war die Saure-Gurkenzeit zu überbrücken. Es gab verschiedene Angebote, ernsthaft Schach zu spielen. Leider fanden viele neue Ideen keinen Anklang. Besonders traurig war ich über das Scheitern der „Ewigen Rangliste“.  Wahrscheinlich gab es aber in der Sommer-zeit eine Turniermüdigkeit. So kamen einige Spieler zum Spielabend, setzten sich für einige Uhrenpartien ans Brett und sahen sich nach Partnern für Doppelkopf um. Überraschend wurde das dem Skat vorgezogen, obwohl Skat und Schach besser zueinander passen.

Eine Gruppe, die öfter beim Doppelkopf zusammenkam, bestand aus Willi Klümper, Gerd Sklarz, Franz Berkenbusch und Eugen Schulz. Sie hatte besonders viel Ausdauer. So trug es sich im Westfälischen Hof eines Abends zu, dass vier Doppelkopfspieler die letzten Gäste waren. Die Spieler standen am Tresen, um abzurechnen. Der Wirt ging kurz in die Küche.

Die Spieler betrachteten die vielen Flaschen mit Hochprozentigen und überlegten, welche Flasche sie wohl mitnehmen wollten. Sie hatten zwar einiges an Bier konsumiert (was beim Schachspielen undenkbar war), zählten auch nicht zu den Schnapsbacken, Gerd entschied sich aber für die Flasche mit dem meisten Inhalt. Eugen hatte einen Mantel, in dessen tiefen Taschen die Flasche verschwand. Inzwischen war der Wirt zurück. Die Diebe wollten im Auto von Willi, das vor der Tür parkte, etwas von ihrer Beute genießen, aber nicht aus der Flasche trinken. Willi fragte also scheinheilig den Wirt, was eigentlich ein Schnapspinnchen kosten würde. Ein Freund wolle eine Gaststätte übernehmen und hätte Bedarf. Der Wirt überlegte kurz und nannte für ein Glas mit Eichstrich einen relativ hohen Preis. Sie zweifelten, schließlich händigte der Wirt ihnen ein Glas als Muster für die Recherche aus.  Die Gäste zahlten und verabschiedeten sich. Der letzte von ihnen hatte noch nicht richtig im Auto Platz genommen, da stürzte wutentbrannt der Wirt herbei und forderte vehement die Flasche zurück. Der Ober hatte unbemerkt den Diebstahl beobachtet und den Wirt informiert. Die Flasche wurde zögernd wieder ausgehändigt.

Man hatte die Rechnung also ohne den Wirt gemacht. Im Nachhinein betrachtet war das wohl eine Schnapsidee. (Die Geschichte hätte sich so nicht zutragen können, hätte der Wirt nicht Erich Ingendoh geheißen.)                                                        

Eugen Schulz

Der heimliche Fan

Ich denke, dass ich ungefähr zwölf war, als mein Vater meinen beiden Brüdern und mir das Schach spielen beibrachte. Es folgte das Doppelkopfspiel, das ich jedoch mehr aus der Beobachterrolle wahrnahm, dann nämlich, wenn er sich auf Familienfesten mit einigen meiner Onkels zum Kartenspiel zurückzog und ich ihm stundenlang über die Schultern schaute, um zu lernen. Das Schach allerdings wurde regelmäßig zwischen uns ausgeübt, wenn auch sehr laienhaft, da wir alle nicht die geringste Ahnung von Eröffnungen oder Taktik, geschweige denn von irgendwelchen strategischen Plänen hatten. Von daher verteilte sich auch der Erfolg recht gleichmäßig unter uns.

Das änderte sich, als ich Anfang der Achtzigerjahre dem SV 21 beitrat, mir die ersten Bücher zulegte und sich durch das Spiel mit erfahrenen Gegnern meine gesamte Spielweise änderte. Danach ging für meinen Vater nichts mehr und er verlor die Lust an dem ungleichen Kräftemessen. Nur sporadisch kam es später noch zu vereinzelten Partien.

Die Lust am Schach selber war indes bei ihm ungebrochen. Er war stets interessiert zu erfahren, welche Turniere stattgefunden hatten und immer wieder spielten wir die eine oder andere etwas gelungenere Partie nach. Auch was der Schachverein Bottrop 1921 an Erfolgen zu verzeichnen hatte und in welcher Klasse und mit welchem Erfolg die erste Mannschaft gerade unterwegs war, wollte er wissen, wenn wir über den Verein sprachen. Klar, dass er mit Spielernamen wie Willi Klümper, Franz Berkenbusch, Gerd Sklarz, Jens Stadtmann, Stefan Masberg, Heinz-Dieter Gierse, Eugen Schulz, Helmut Kreul usw bestens vertraut war und auch über ihre Spielstärke genau Bescheid wusste.

Immer wieder besuchte er die Blitzstadtmeisterschaften, weil bei den schnelleren Partien einfach mehr zu beobachten war, und auch zu den Bezirksmeisterschaften im Viererblitz fuhren wir oft zusammen hin. Erst im Revierpark Vonderort, später auch schon mal nach Oberhausen. Dabei hielt er sich - so war mein Vater nun mal - stets im Hintergrund und in zweiter Reihe auf, unbeobachtet von den anderen, aber meistens dabei. Als wir erfuhren, dass in Heiden eine Deutsche Blitzeinzelmeisterschaft ausgetragen wurde, reisten wir auch dort hin, um die Cracks zu beobachten und bei der Gelegenheit zeigte ich ihm den Schachladen Niggemann, von dem er sich sehr beeindruckt zeigte.

Anfang der 2000er lud unser Verein Großmeister Vlastimil Hort dreimal zum Simultanspiel im Hansazentrum ein und natürlich konnte sich mein Vater das nicht entgehen lassen und war jedes Mal unter den Kiebitzen. Bei so viel Schachleidenschaft habe ich zwar immer wieder mal versucht, ihn dazu zu bewegen, auch Teil des SV 21 zu werden, aber dafür - auch für eine aktive Beteiligung am Simultan gegen Hort - hielt er sich dann doch für zu schwach.

Später ist er dann leider schwer erkrankt und die Besuche der Schachveranstaltungen wurden sehr spärlich. Er erholte sich zwar kurzzeitig und war dabei, als wir im Jahr 2011 unser 90jähriges Jubiläum mit einem Simultan gegen GM Hort auf dem Höttenplatz feierten, aber das war dann auch das letzte Mal, bevor er knapp zwei Jahre später endgültig seinem Krebsleiden erlag. Mit ihm hat unser Verein einen großen heimlichen Fan verloren, den zwar einige Schächer des SV 21 kennengelernt haben, der aber von den meisten Mitgliedern unerkannt geblieben ist.

(Heinz Jäger