Im  Fanbus fast bis in die Zweite Bundesliga!

Vermutlich 1980 spielte die Erste, bereits ohne Manfred Droste, in der NRW-Liga so gut, dass bei einem Auswärtssieg im ostwestfälischen Enger-Spenge sogar der Aufstieg in die Zweite Liga möglich war. Außer dem nicht mehr aktiv spielenden Droste fehlte auch Armin Kamp aus mir nicht mehr bekannten Gründen (eventuell Wochenendübung der Bundeswehr?).

Wohl einmalig in der Geschichte des Vereins fuhr ein Fanbus am Sonntagmorgen vom Gleiwitzer Platz ab. Es ertönten Schlachtrufe und Gesänge auf der Autobahn und im Dorf, bevor wir das Spiellokal stürmten. "Enger, wir kommen!", "So wie Eisen und Granit, so wie einst Real Madrid, und so zogen wir in die Bundesliga ein." "Wir brauchen keinen Droste, wir brauchen keinen Kamp, wir haben unsern NN, Gott sei Dank!" Solch eine Invasion hatte das Dorf sonst nur beim Handball erleben können. Der Tus Spenge spielte lange in der zweiten Bundesliga. Unser Gegner im Schach war für die wackeren 21er mehr als eine Nummer zu groß. Das Spiel endete mit einem 6,5:1,5-Kantersieg für Enger.

Auf der Rückfahrt ertönte nur noch einmal "Enger, wir kommen!" Der Busfahrer hatte sich verfahren und musste kurzzeitig drehen. Im anderen Schlachtruf wurden die klangvolleren Namen "Droste" und "Kamp"  durch schwächere Spieler  unterer Mannschaften ersetzt: "Wir brauchen keine Hammer*, wir brauchen keinen Meißel*, wir haben unsern NN*, auch du Sch ... e !" Die mit Sternchen versehenen  Namen sind redaktionell so geändert, dass man nur noch die Pointe erahnen kann. Nicht alle abgekämpften Helden fanden das witzig. Die Fans entschuldigten sich artig bei den Spielern und man vertrug sich wieder. Allein der Busfahrer bemerkte am Ende der Fahrt, er habe sich Schachspieler immer ganz anders vorgestellt - seriöser vermutlich.

Dirk Küsgen

  • Histörchen
  • Es gab eine Zeit, da stellten Gastwirte auch Schachvereinen ihre Gesellschaftszimmer zur Verfügung. Diese Räume hatten unterschiedliche Dimensionen, manchmal waren es Säle. Miete zahlten die Vereine nicht. Ihre Finanzen ließen das nicht zu. Im Jahre 1948 zahlte ich einen Monatsbeitrag von 50 Deutsche Pfennig, heute also ca. 25 Cent. Der Kassierer kassierte während der Spielstunden Beiträge und führte natürlich Buch. Erhöhungen der Mitgliedsbeiträge durchzusetzen waren auf der Jahreshauptversammlung eine heikle Angelegenheit. Das änderte sich erst mit zunehmendem Wohlstand der Mitglieder.
  • Eine Distanz der Wirte ist so gesehen verständlich. Sie erwarteten zumindest durch den Verdienst beim Ausschank Deckung der Kosten für Licht und Heizung.  Die Spieler saßen bei Turnieren fünf Stunden für die ersten 50 Züge und möglicherweise für weitere zwei Stunden am Brett, bis letztendlich ein vorläufiges Ende durch Ansetzen einer Hängepartie erfolgte. Die wenigsten Spieler tranken alkoholische Getränke wäh rend der Partie, und so blieb ein minimaler Umsatz mit Wasser. Seit der zunehmenden Motorisierung und Mobilität kamen auch die Schachspieler mit dem Auto zum Spiellokal, die das Alkoholverbot beachteten. Bei einem Besuch in der Gaststätte Blöhmer, Vereinslokal des Schachklubs Batenbrock, der auch sonntags morgens Spielstunden anbot, hörte ich zufällig wie der Wirt auf die Frage eines Gastes nach dem Umsatz antwortete: „Da gehe ich hinein und stelle jedem eine Cola hin, damit ist meine Arbeit beendet.“  Blöhmer war Eigentümer der Gaststätte. Die Beherbergung eines Schachvereins hatte wohl mehr mit Idealismus zu tun.                                                                                               
  • Etwas anders waren die Verhältnisse in unserem Spiellokal „Westfälischer Hof“. Da es sich hier um ein Hotel handelte, wurden außer Getränken auch Speisen angeboten und nachgefragt. Nach einer Partie schmeckte zum Bier auch ein Hamburger Bratenschnittchen. Der Saal bot auch die Möglichkeit, größere Veranstaltungen durchzuführen. So wurden bei der NRW-Meisterschaft die Spielerinnen und Spieler beköstigt und zum Teil beherbergt. Bereits am 16. November 1957 lud unser Verein die Mitglieder und deren Frauen aller Bottroper Schachvereine zu einem Fest. Später wurden auch zu Karneval und beim Besuch der Gäste aus Tourcoing Feiern veranstaltet. Davon profitierte der Wirt. So war es kein Wunder, als sich der Wirt Erich Ingendoh als Freund des Vereins zeigte und bei einem Kampf unserer 1. Mannschaft in Dortmund auftauchte und für die Spieler Kaffee bestellte.
  • Parallel zu unserer Vereins-Chronik gibt es eine Auflistung aller Spielstätten, die unser Verein bisher nutzte. Gerd Sklarz hat deren Besonderheiten beschrieben und das mit literarischem Rang, also lesenswert. Der vorliegende Beitrag kann als Ergänzung dazu gesehen werden.
  • Eugen Schulz

Zeitnot - Analoger "Sudden Death" statt digitalen Increments

Auch die digitalen Uhren verändern in den letzten Jahren den Schachsport erheblich. Durch das Increment gibt es in jedem Fall noch pro Zug 30 Sekunden Nachschlag und man kann heutzutage das Match "in aller Ruhe"  im Stile einer Schnellpartie zu Ende bringen. Dafür blieb einem früher bei weniger als fünf Minuten Bedenkzeit das Aufschreiben erspart. Striche auf dem Papier genügten, um die Züge bis zur Zeitkontrolle zu zählen. Das Mitschreiben erledigten ganz früher die Mannschaftskameraden, später die Gegner. Durch das Increment hat die Dramatik des Sudden Death, bei dem plötzlich das Plättchen der Uhr fallen konnte, und man auf Zeit verloren hatte, stark abgenommen. An zwei besondere Zeitnotdramen kann ich mich als Zuschauer erinnern.

Georg Badeys Gegner hatte nur noch etwa  eine halbe Minute für sechs Züge auf der Uhr. Da opferte der Schorsch unmotiviert seine Dame oder er ließ sie stehen, was keiner so genau wusste. Doch das versetzte den Gegner kurzzeitig in Schockstarre. Er überlegte cirka zwanzig Sekunden, ehe er das Geschenk einfach annahm. Schorschs Stellung war danach hoffnungslos. Die Rest-Zeit des Gegners aber ebenfalls!  Sollte der Schorsch noch drei bis vier Züge durchhalten, so fiele das Plättchen des Gegners. Das war Dramatik pur! Schorsch hatte die alte Tarrasch-Regel, dass man beim Opfer Material in Zeit umtauscht, zu wörtlich genommen. Statt in spielentscheidende Tempi hatte er seine Dame in circa zwanzig Sekunden Echt-Zeit investiert. Die Kompensation erwies sich aber als gerade noch ausreichend. Er gewann durch Bluff! Ob dies mit oder ohne Absicht geschah, wusste schon damals keiner so genau - auch er selbst nicht.

Gladbeck hatte eine Zeit lang im Hinterzimmer einer Kneipe gespielt. Als Norbert Wallhorn dort in höchster Zeitnot war, konnte man eine Stecknadel fallen hören, bevor aus dem Fernseher im benachbarten Gastraum wiederholt die Weise "Schmusewolle, das macht Perwoll aus Wolle" durchdrang. Beide Mannschaften verloren die Beherrschung, weil sie von schmerzhaften Lachkrämpfen geplagt wurden. Die Konzentration war dahin. Das Ergebnis der Partie habe ich vergessen. Einen Protest gab es nicht.

Dirk Küsgen

 SCHACHERINNERUNGEN : KAPITEL 1: 1971-1972

 

Ende der 60er Jahre brachte mir mein Vater die Schachregeln bei ; da er ein besserer Kartenspieler als Schachspieler war konnte ich bald mal gewinnen . Mein Interesse war geweckt : da meine Eltern die "WELT AM SONNTAG" abonniert hatten , konnte ich einmal pro Woche die von LUDEK PACHMANN kommentierten Großmeisterpartien nachspielen !

 Im April 1971 war es soweit , ich meldete mich- zur ersten und letzten?- Schülerstadtmeisterschaft an. So lernte ich noch den legendären WESTFÄLISCHEN HOF kennen , ich hoffe Eugen Schulz und Helmut Kreul werden uns noch ausführlicher über IHN berichten . In der letzten Partie der Schülermeisterschaft spielte ich mit Weiß gegen einen gewissen Manfred Droste ; als ich irgendwann den Bauern f2-f4 zog und Manni mir ihn mit dem schwarzen Bauern e4 schlug , war ich sehr überrascht,denn die "en-passant-Regel" war mir offensichtlich noch nicht bekannt ! Ein Jahr später spielte ich ineiner Partie die lange Rochade (0-0-0), obwohl die gegnerische Dame die d-Linie kontrollierte . Aber mein Gegner hat auch nichts bemerkt !

 Überhaupt war 1971 viel los im WESTFÄLISCHEN HOF : Das 50-jährige Jubiläum , die NRW-Einzelmeisterschaft (Willi Klümper vertrat unsere Farben) und das Simultanturnier mit Robert Hübner , damals der stärkste deutsche Schachspieler. Ich weiß nicht mehr wie ich zu der Ehre kam , aber ich durfte gleich mitspielen, obwohl ich erst kurz im Verein war. Also ein Sprung ins kalte Wasser , und natürlich war die Partie rasch verloren.Leider wurde der WESTFÄLISCHE HOF abgerissen und wir zogen 1972 für circa 8 Monate nach KRUSE-VIETH; damals gab es ja noch an jeder Strassenecke eine Wirtschaft. Turnierpartien gingen damals oft noch bis 23.00 , und danach wurde noch Doppelkopf gespielt ! Doppelkopf hatte ich schon als 8-jähriger von meiner Oma gelernt , insofern traute ich michals 16-jähriger mit den "alten Hasen" Willi Klümper, Gerd Sklarz, Horst Lüker ,Helmut Kreul etc. zu spielen .Zu Hause gab es dann schon mal (etwas) Krach , weil ich unabgemeldet erst um 2.00 nachts nach Hause kam !

 Überhaupt 1972 : Der legendäre Wettkampf des Jahrhunderts : BORIS SPASSKI-ROBERT FISCHER ! OST GEGEN WEST während des kalten Krieges ! Auch in unserem Verein fieberten alle der neuesten Partie entgegen.  Es war noch tiefstes Analogzeitalter und wir mussten warten , bis die Partien am nächsten Tag auf der Sportseite der WAZ bzw. der RUHR-NACHRICHTEN zu finden waren. Noch vor der Schule baute ich das Brett auf und spielte die neueste Partie nach ; überhaupt liessen meine schulischen Leistungen nach . Was sind schon langweilige Hausaufgaben gegen das (Nach-)Spielenvon spannenden Schachpartien !?

 Fortsetzungen folgen ...................  LG Jens Stadtman

Es war Winter 1969 und wir mußten in Hervest Dorsten, Hotel Erwig, gegen Hervest Dorsten III antreten. Bei der Abfahrt in Bottrop fiel schon leichter Schnee und wir hatten dadurch auch nur 5 Spieler dabei, Oswald Nowak, Hans Eugelink, Wenzel Schweiner, Johann Niesporek, Jürgen Meffle. Der Gegner freute sich sehr, denn er führte 3:0 und bot für die anderen Partien sofort ein remis an. Das gefiel  uns aber überhaupt nicht und wir nahmen den Kampf auf.Heinz Ritter, Vorsitzender bei Hervest bekam es mit dem gefürchteten " Blitzspieler" Oswald Nowak an Brett 1 zu tun.

 Nach 2 Stunden Spielzeit, 1 Stunde 50 Minuten für Ritter und 10 Minuten für Nowak hätte Ritter aufgeben müssen, so kaputt war seine Stellung. Er spielte noch 30 Minuten und sah dann seine Niederlage ein. Die nächsten beiden Partien gingen auch an uns, es stand 3:3 und der Schneefall nahm stark zu, sodass wir eigentlich nur noch weg wollten und boten darum bei den beiden restlichen Spielen, in jeweils gewonnener Stellung, remis an. Der Gegner willigte sofort ein und wir fuhren mit 4:4 nach Hause. Geht doch! 

Jürgen Meffle